Montag, 21. Dezember 2015

Ideen zur Realisierung des transmissiven Systems

Ausgehend von den eher theoretischen Ansätzen in den vorigen Blogs möchte ich nun einigen konkrete Möglichkeiten betrachten wie sich das transmissive System möglichst realitätsnah anwenden ließe.

STEGA - Die Stiftung für ehrenamtliches gemeinnütziges Arbeiten

Als Basis für die Bildung einer gemeinnützigen juristischen Person im Sinne des transmissiven Systems bietet sich eine Stiftung an, in deren Stiftungsstock individuelle oder staatliche Mittel eingetragen werden. Das Ziel der Stiftung ist dabei nicht primär die Finanzierung von Arbeitsplätzen, sondern die Koordination der Individuen und die Schaffung von gemeinschaftlicher Infrastruktur und die Koordination ihrer Nutzung. Soweit nicht anders möglich, müssen jedoch gewisse Qualifikationen (z.B. Buchhaltung) und Infrastrukturelemente (z.B. Maschinen, technische Geräte etc.) aus dem individuellen Sektor eingekauft werden. Als Anbieter für gemeinnütziges Arbeiten tritt die STEGA jedoch nur selten auf, da sie primär ihrer Koordinations- und Förderungsfunktion für die eigentlichen Akteure gerecht werden muss.

VEGA - Vereine für ehrenamtliches gemeinnütziges Arbeiten

Die eigentlichen Akteure, die tatsächlich gemeinnütziges Arbeiten ohne konkrete finanzielle Gegenleistung anbieten können sind gemeinnützige Vereine. Allerdings finanzieren sich diese Vereine in der Regel durch monetäre Beiträge ihrer Mitglieder, wodurch oft der Gemeinnutz des Vereins an der Mitgliedergrenze endet, und der Vereinsbeitrag als "flatrate" für Vereinleistung zur Erfüllung individueller Zielqualitäten zu bewerten ist. ein g. e.V. ist somit nicht zwingend ein VEGA. Als VEGA muss die Vereinsmitgliedschaft ohne monetäre Gegenleistung erreichbar sein. Allerdings ergibt sich aus der VEGA-Mitgliedschaft dann eine Verpflichtung zur ehrenamtlichen gemeinnützigen Arbeit im Sinne des Vereins. Wie diese konkret auszusehen hat, ist optimalerweise in einer Positionsbeschreibung in der Vereinssatzung zu klären. Konkret nutzt das Individuum seine Leistung für eine gemeinnützige Körperschaft um gemeinnützige Arbeit zu erzeugen.

Aber jetzt Butter bei die Fische. Wie würde das konkret aussehen?

Die STEGA Mitteldeutschland verfügt über ein gewisses Vermögen, das zur Förderung der ehrenamtlichen gemeinnützigen Arbeit genutzt werden kann. Der Verein greift über einen Antrag auf diese Mittel zu um z.B. Ackerland für den VEGA Essen für Hilfsbedürftige zu pachten und die Wartung und Treibstoffkosten für Landfahrzeuge zu finanzieren. In der genannten VEGA nutzen die Mitglieder diese Infrastruktur um auf dem gepachteten Land Lebensmittel zu produzieren und damit bedürftige Menschen in einer von der VEGA und den Tafeln betriebenen Kantine im Erfurter Norden  zu versorgen. Die Mitglieder setzen sich aus Menschen aller Bevölkerungsschichten zusammen, wobei der Schwerpunkt bei Arbeitslosen, Flüchtlingen, Geringbeschäftigten und Enthusiasten liegt. Wer hat welchen Vorteil davon? Der größte Vorteil liegt bei den hilfsbedürftigen Menschen, denn im Tafelbeutel sind nicht mehr nur noch Lebensmittel am Verfallsdatum, sondern auch saisonales Gemüse, Obst und ggf. Milch, Mehl oder evtl. sogar Fleisch je nach Leistung der VEGA. Die zweiten Profiteure sind die VEGA Mitglieder. Jedes Mitglied besitzt eine VEGA-Karte. Je nach Leistungsposition in der Satzung eine 5er, 10er, 20er oder 25+ Karte.

Frau A ist eine kaufmännische Angestellte, die nach der Arbeit mit dem Privatauto Lebensmittel vom VEGA Gelände zur Kantine fährt. Damit erreicht sie ca. 7 Stunden in der Woche und besitzt eine 5er Karte. Mit dieser Karte hat sie Anspruch darauf bei Bedarf (weil ihr Arbeitgeber im Betrieb gerade Kurzarbeit fährt), oder auch wenn im Beutel der Kantine zum Beispiel gerade frischer Salat von der VEGA ist, auch ohne die "Spende" von 1€ und ohne einen Hartz4-Bescheid einen Beutel (oder eine Klappbox) pro Woche  zu erhalten.

Herr B ist pensionierter Stellwerkswärter und koordiniert für die VEGA die Fahrdienste und Dienstpläne. Da er dafür pro Woche ca. 14 Stunden (ca. 2,5h pro Tag telefonieren und Pläne schreiben) investiert, besitzt er die 10er Karte. Mit dieser hat er die gleichen Ansprüche wie Frau A. Allerdings hat die Stadt Erfurt zur Unterstützung der ehrenamtlich gemeinnützig tätigen Menschen entschieden, dass für Besitzer der VEGA 10er Karte die Nutzung der öffentlichen Einrichtungen wie z.B. Museen kostenlos ist. Darüber hinaus darf Herr B, wenn er will, auch einen bei Vorstellungsbeginn freien Platz des Theater Erfurt (welches sich in Trägerschaft der Stadt befindet) belegen und sich die Vorstellung ansehen.

Die Brüder P und D sind Flüchtlinge. Sie leben zusammen mit ihrer kleinen Schwester V in einer Einrichtung im Erfurter Osten. Mit dieser sind sie vor einiger Zeit aus Armenien über Syrien und die Balkanroute nach Deutschland geflohen. P arbeitet als Regaleinräumer, während D bisher keine Anstellung gefunden hat. V geht in eine Kita der Stadt Erfurt. Über Frau A, die in der gleichen Firma arbeitet, hat er von der VEGA erfahren und arbeitet inzwischen mit seinem Bruder, der in ihrer Heimat als Landwirt gearbeitet hat, für die VEGA. Jeder der Brüder kommt saisonal bedingt und durch die Betreuung der Schwester auf durchschnittlich ca. 21 Wochenstunden auf das Jahr gerechnet. Die beiden Brüder besitzen jeweils eine 20er Karte. Neben den Leistungen die Frau A oder Herr B erhalten können, sponsern die Stadtwerke Erfurt den Besitzern einer 20er Karte die Mitfahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Brüder benutzen diese ohnehin regelmäßig um vom VEGA Gelände zur Kita und zur Einrichtung zu kommen. Darüber hinaus erhalten die Brüder den um die Einkünfte aus dem Regaleinräumer-Job gekürzten Hartz4- Satz, sind jedoch nicht weiter verpflichtet neben der e.g.A. von über 20 Stunden eine Wiedereingliederung anzustreben, da ihre Arbeitsleistung für das Gemeinwohl durch e.g.A. der besteuerten Arbeitsleistung für den individuellen Vorteil gleichgesetzt wird.

Herr M ist gelernter Schlosser, 52-Jahre alt und "schwer vermittelbar". Seit ca. 3 Jahren ist er arbeitslos, nach dem die Stelle bei einem großen Industriebetrieb der Stadt gestrichen wurde. Er bezieht nach Auslaufen des Sozialplanes ALG II  und ist durch einen Hinweis des Jobcenters auf die VEGA aufmerksam geworden. Herr M arbeitet leidenschaftlich als "Mädchen für Alles" in der VEGA, kümmert sich um Reparaturen an den landwirtschaftlichen Geräten, fährt einen Ernteanhänger, bewacht in der Nacht das Gelände und weiß in der Regel als Einziger wo die Schlüssel für den Werkzeugschuppen sind. Über das Jahr gerechnet kommt er jede Woche auf über 30 Stunden, die er mit Arbeiten für die VEGA verbringt. Laut seiner Aussage ist er froh, dass er mit seiner Arbeit anderen Menschen helfen kann, gleichzeitig seiner gelernten Arbeit nachgeht und nicht zwangsweise als Gebäudereiniger über das Jobcenter vermittelt wird. Die kleine V hat er übrigens inzwischen auch ins Herz geschlossen, während er P und D als gute Kollegen beschreibt. Dass neben den Vorteilen wie sie die Anderen auch haben, die Monate, in denen er über 25 Stunden in der Woche gemeinnützig arbeitet, als Anrechtszeiten angesammelt werden findet er auch gut. So hat er als "alter Sack" vielleicht irgendwann nichts mehr beizutragen, und hat trotzdem noch fürs Alter vorgesorgt und muss zumindest Lebensmittel und die Bahnfahrt nicht von seiner kargen Rente zahlen. Wobei, meint er an, er hat gehört in Selb wäre eine VEGA in der Entstehung, die Kleidung produzieren will. Vielleicht gibt es von denen ja dann schon eine Altherrenkollektion.




Dienstag, 8. Dezember 2015

Das transmissive System

Vor einiger Zeithabe ich der Analogie der Suppe folgend diese These aufgestellt:

Um eine parallele individuelle und gemeinschaftliche Entwicklung zu ermöglich müssen beide gesellschaftlichen Systeme durch ein drittes System dynamisch miteinander verbunden werden.

Wir haben also auf einer Seite ein individuell orientiertes System und auf der anderen Seite ein gemeinschaftlich orientiertes System. Welche Elemente müssen getrennt voneinander gehalten werden, und welche Teile sollten miteinander in Austausch treten?






Individuum

Jedes der Systeme basiert auf individueller Leistung. Also der körperlichen, geistigen oder sozialen Handlung eines Individuums. Das Individuum, welches sich zum eigenen Vorteil betätigt führt dabei nicht zwangsweise eine andere Handlung aus als das Individuum, welches sich zum Gemeinwohl hin orientiert. Der Anbau einer Pflanze zum Beispiel ist sowohl zum inividuellen Vorteil (z.B. Selbstversorgung, Verkauf) möglich, als auch zum  gemeinschaftlichen Vorteil (z.B. Versorgung hilfsbedürftiger Menschen) möglich. Erst durch die Verbindung mit anderen Elementen  wird die Leistung definiert. Der Anbau einer Pflanze durch einen Menschen, der sie weder verzehrt, verwertet, verschenkt und nicht einmal Freude am Anbau empfindet, hat keine definierte Leistung erbracht. Die Leistung und alle Leistungen die zur Durchführung der Handlung erforderlich waren verfallen somit. Ganz also wie die Kosten, die der EU dadurch entstehen, dass zur Marktregulierung und dem hochhalten der Lebensmittelpreise Lebensmittel aufgekauft werden, gleichzeitig aber auch die Landwirte subventioneirt werden um eben jene Überschüsse zu produzieren.
Zum Ausgleich einer undefinierten Leistung (Überschuss) muss also weitere definierte Leistung (in diesem Fall Geld) aufgewendet werden. Die Anteile der Subventionen bzw. Leistungen an diesen Produkten verfallen somit.
Wichtiger als die Leistung an sich ist somit das Individuum, welches über die Richtung und Verknüpfung der Leistung entscheidet. Handelt es zum Beispiel für eine individuelle juristische Person indem sie ihr Wertmarken für individuelle Leistung (Geld) überträgt. Wodurch wiederum die individuelle jur. Person staatliche und eigene Infrastruktur nutzt um dem Individuum einen Dienst oder ein Produkt zur Verfügung zu stellen aus dem das Individuum (durch Zielqualitätenerfüllung), der individuellen jur. Person (durch Gewinnmargen) und der eigenen Infrastruktur (durch Auslastung und Leerung der Lager) ein Vorteil entsteht? Oder passiert das Gleiche durch eine Arbeitsleistung oder Spende an eine gemeinnützige jur. Person, die eine gemeinschaftliche Infrastruktur nutzt um Dienst und Produkt zum Vorteil für das Individuum und die Gemeinschaft zu erzeugen?


Infrastruktur

Wie sich das Individuum auch entscheidet, die involvierten Parteien benötigen eine Infrastruktur zur Erzeugung von Diensten und Produkten. Ohne Infrastruktur wäre es schwierig Leistungen zu verbinden, es fehlten die Mittel um selbst einfache Dienste oder Produkte zu erzeugen. Dies beginnt bei einfachsten Ressourcen wie Feuerholz und endet bei Serverfarmen in denen Daten und Informationen gespeichert, verarbeitet und weitergeleitet werden. Infrastruktur kann somit individuelles Eigentum als auch gemeinschaftliches Eigentum sein. Sie kann allerdings auch staatliches Eigentum sein. Dabei ist sie sowohl physisch vorhanden (bestehend aus Produkten und Diensten der individuellen oder gemeinschaftlichen Systeme) als auch virtuell existent (generiert aus Diensten und Produkten) als Werte, Gesetze und Normen des Staates. Die Hoheit über die virtuelle Infrastruktur im Sinne von Werten, Gesetzen und Normen muss dabei beim Staat liegen, da sowohl gemeinschaftlich orientiertes Handeln als auch individuell orientiertes Handeln als  Grundlage für die virtuelle Infrastruktur die jeweils andere Systemseite benachteiligt. Der Staat wiederum ist nicht frei in seinen Entscheidungen, da dieser durch die Individuen in ihm geformt wird. Die Gemeinschaft der Individuen entscheidet also indirekt über die Infrastruktur.

Staat

Der Staat bildet das dritte Element in diesem Verbindungssystem. Geformt aus den Individuen des Staates liegt die Aufgabe des Staats im Ausgleich zwischen Individuum, individuell orientiertem System und gemeinschaftlich orientiertem System. Die Verknüpfungspunkte liegen hier einerseits im Bereich der Infrastruktur und andererseits im Ausgleich der Mängel und Überschüsse aus Diensten und Produkten  des individuellen und des gemeinschaftlichen Systems. Der Staat kann somit an fünf Punkten agieren:

1. Staatliche Infrastruktur
Der Staat stellt Infrastruktur aus gemeinschaftlichen und individuellen Diensten und Produkten zusammen. Die Polizei ist dafür ein gutes Beispiel.

2. Individuelle Infrastruktur
Der Staat hat die Möglichkeit die individuelle Infrastruktur zu steuern. Steuern oder Fördermittel wären ein Beispiel. Das Ziel sollte hier sein, die Erzeugung von Mängeln und Überschüssen zu vermeiden. Überschüsse sind in dieser Hinsicht jene Leistungen, die weder der erzeugenden Infrastruktur durch Reinvestition, der handelnden jur. Person durch Ausgleich und Wachstum und dem Individuum durch die Erfüllung von Zielqualitäten zum Vorteil gereichen. Welche Zielqualität kann einem Individuum erfüllt werden, wenn statt 15 dann 16 Millarden Euro im Portfoliowert stehen?

3. Gemeinschaftliche Infrastruktur
Der Staat hat ebenso die Möglichkeit die gemeinschaftliche Infrastruktur zu steuern. In diesem Fall ist die Steuerung durch gesetzliche Vorgaben geeignet, die zum Beispiel festlegen, dass eine gemeinnützige Gesellschaft, die einen Fahrzeugpool für eine Gemeinde stellt und organisiert, staatliche Flächen ohne Gegenleistung nutzen darf. Analog zur individuellen Infrastruktur sind auch hier Überschüsse und Mängel auszugleichen. Wird z.B. staatliche Infrastruktur durch zuviele abgestellte Fahrzeuge beeinträchtigt? Werden Zielqualitäten durch den Fahrzeugpool erreicht?

4. Dienst- und Produktausgleich
Dem Staat muss es freistehen Mängel oder Überschüsse an Diensten und Produkten zum Ausgleich in das jeweils andere System oder das eigene System zur Stärkung der Staatsinfrastruktur zu leiten. Wenn zum Beispiel eine Firma bestohlen wurde, so stellt der Staat auf Basis der Steuerzahlungen der Firma polizeiliche Untersuchungen an. Die Firma ist dazu berechtigt, da sie Leistungen in Form von Steuern an den Staat erbringt. Der Staat wiederum erzeugt die Infrastrukturleistung der Polizei. Als weitergehenden Schritt könnte die Polizei nun einen Überschuss einer Druckerei dazu verwenden, die Druckerei als Ausgleich Plakate mit Phantombildern drucken zu lassen, während der Beschäftigungsmangel einer Genossenschaft dazu verwendet wird, die mangelnd beschäftigten Genossen mit der Verteilung der Plakate zu beauftragen.

5. Randfunktionen
Über die drei Systeme hinaus muss der Staat mit Vorgabe der virtuellen Infrastruktur Wege bestimmen und kontrollieren, die den Fluß von Individuen, jur. Personen, Diensten und Produkten in und aus den Systemen überwachen und ausgleichen. Das Handeln individueller jur. Personen von außerhalb des 3er-Systems muss durch eben jenen Ausgleich so gelenkt werden, dass Mängel und Überschüsse kontrollierbar bleiben und der Einfluß auf das System von Außen dieses nicht instabil werden lässt.

Fassen wir also nochmal zusammen. Individuelle und gemeinnützige jur. Personen müssen getrennt voneinander agieren. Das Individuum muss entscheiden können welcher Form jur. Personen es seine Leistung zuordnet, oder ob es beiden Leistungen zuordnet. Für Staat(S), Individuum(I), individuelle (IJP) und gemeinnützige jur. Personen (GJP) muss eine Infrastruktur bestehen. S, IJP und GJP müssen Infrastruktureigentümer sein können. Das Individuum muss IJP oder GJP sein um Infrastruktureigentümer zu sein. Privateigentum ist somit auch immer Eigentum einer individuellen juristischen Person. Gemeinschaftseigentum ist immer Eigentum einer GJP. Staatliche Infrastruktur ist Eigentum des Staates. IJP und GJP nutzen Infrastruktur um Dienste und Produkte zu erzeugen, die einen zielqualitativen Vorteil für Infrastruktur, jur. Person oder Individuen erzeugen. Erzeugung von Diensten oder Produkten, die nicht zum Erreichen einer Zielqualität führen oder erforderlich sind, sind durch den Staat als Überschussleistung zu beschränken (z.B. durch Steuern). Dem Staat muss es freistehen Überschussleistungen zum Mangelausgleich oder zur Infrastrukturförderung zu verwenden, oder Überschüsse in einem effektiven Bereich zu fördern um Mängel auszugleichen. Außeneinfluss auf das System muss durch ausgleichende und beschränkende Maßnahmen eingeschränkt werden.

wie drückt sie so etwas konkret aus? Auf der Individuellen Seite steht ein offener Markt, auf dem jedes Individuum als Gruppe aus Individuen oder allein als jur. Person agieren kann. Der Staat nimmt auf diesem Markt eine normierende und ausgleichende Funktion ein. Der Ausgleich funktioniert primär über die Lenkung durch Überschussbegrenzung. Ganz pragmatisch bedeutet das, dass wenn eine Firma die gewonnen Gelder weder in die eigene Infrastruktur (Reinvestition), noch in die Verbesserung der Zielqualitäten der Angestellten (mehr Gehalt, mehr Urlaub etc.), oder in die Erfüllung der Zielqualitäten von Individuen (Senkung der Preise für Kunden, bessere Qualität etc.) steckt, so ist dieser Überschuss zum Mangelausgleich  (z.B. als Spende an gemeinnützige jur. Personen) zu verwenden. Kriegt die Firma das nicht hin, so  muss sie besteuert werden, um sie in dem System in dem die Firma ja agieren will, ausgleichend dorthin zu bewegen wo sich ihre Mitbewerber im Markt bewegen. Eigentlich so, wie es im Moment die meiste Zeit läuft, nur dass die Lenkungsfunktion nicht funktioniert. Das System müsste das Wachsen am Markt nach oben hin bremsen, und dafür die Wurzeln stärken. Wenn ein Baum ohne Wurzeln nach oben schiesst, dann fällt er bei der kleinsten Brise, und das System in dem er steht muss ihn halten. Firmen hingegen, die das System in dem sie agieren stärken statt es auszunutzen, wären in dieser Hinsicht zu bevorteilen, denn auf der gemeinschaftlichen Seite ergeben sich ähnliche Abläufe. Wenn dem Individuum nämlich eine sicherere und fairere individuelle Leistung möglich ist, so besteht die Möglichkeit auch gemeinnützige Leistungen zu vollbringen. Leistungen, die Dienste und Produkte schaffen, die keinen Marktwerkt besitzen, jedoch Mängel auf der individuellen Seite des Systems ausgleichen. Marktwirtschaftlich ist die Versorgung hilfsbedürftiger Menschen ein großes Problem. Entfällt jedoch die finanzielle (individuell motivierte) Komponente, so sind Individuen in der Lage ehrenamtlich Flüchtlinge zu versorgen, staatliche Infrastruktur so zu nutzen, dass mehrwertige Dienste entstehen und sogar eigene Infrastruktur (z.B. Verteilernetzwerke für Kleidung) zu schaffen. Warum also zwei Systeme und dazwischen noch eines?

Damit dem Markt das gemeinnütige Handeln nicht im Weg steht und dem Gemeinwohl nicht der Markt, denn nicht jedes Handeln im Nutzen des Systems an sich ist gemeinnützig, genauso wie nicht jedes gemeinnützige Handeln wirtschaftlich ist. Der wichtigste Schritt ist es, wirtschaftliche und viele quantitative Elemente aus der gemeinschaftlichen Seite des Systems zu entfernen. Ebenso, wie gemeinschaftliche Betrachtungen aus dem Markt entfernt werden müssen. Es muss möglich werden, dass ein Bäcker seine alten Brötchen einfach spenden darf, genauso wie es möglich sein sollte, nachhaltig wirtschaftend individuellen Gewinn aus einer Bäckerei zu erwirtschaften. Womit wir wieder bei der Suppenanalogie wären. Ein System in dem Geldwerte auf einem stabilen Markt gehandelt werden, wo Ideen und Arbeit zu individuellem Erfolg beitragen, und auf der anderen Seite ein System in dem die einzelne Arbeit ein Gemeinschaftsprojekt ohne Geldwert und ohne Geld ist. In dem jeder Bedürftige oder Kranke und  jeder Aktive den gleichen Anspruch auf die Früchte gemeinsamer Arbeit und die Nutzung der gemeinsamen Infrastruktur hat.Ein System, das Sicherheit und Gemeinwesen erzeugt. Dazwischen ein Staat der ausgleicht, die Systeme voreinander schützt, sie miteinander verbindet und als gemeinsamer Rahmen und Außenfassade agiert.


In meinem nächsten Blog werde ich auf einige konkrete Möglichkeiten zur Realisierung eingehen.

Donnerstag, 12. November 2015

Parallele Entwicklungsräume für individuelle und gemeinschaftliche Entwicklung

Im letzten Blog schloss ich mit der These:

Die gemeinschaftliche Entwicklung einer Gesellschaft erfordert nicht nur gemeinschaftlich handelnde Individuen, sondern auch individuell handelnde Individuen. Genauso wie die individuelle Entwicklung einer Gesellschaft auch immer das gemeinschaftlich handelnde Individuum benötigt.

Dazu merkte ich an, dass diese Entwicklung einen eigenen Raum benötigt. Auf diese Räume möchte ich heute näher eingehen. Beginnen wir mit dem Raum für individuelle Entwicklung. Der optimale Raum für individuelle Entwicklung ist liberal und rechtssicher. Die Liberalität ist erforderlich, damit z.B. politische Vorgaben die individuelle Entwicklung nicht behindern. Wer also Idee, Kapital und Kraft für das Verfolgen von Unternehmungen zum eigenen Vorteil hat, sollte diese auch verfolgen dürfen. Werden Ideen behindert, indem zum Beispiel in der Bildung ein gewisses Schema indoktriniert wird, ist die individuelle Entwicklung in der Regel entweder im Schema oder als Protest gegen das Schema möglich. Ähnlich ist es mit dem Kapital für die Unternehmung. Bestehen nicht genug Mittel kann eine Unternehmung nicht oder nur beschränkt realisiert werden. Die Kraft zur Ausführung ergibt sich aus der Zeit die für die Unternehmung zur Verfügung steht und die Leistung die in dieser Zeit möglich ist. Wer zum reinen Lebensunterhalt seine ganze Zeit und Kraft aufwenden muss, kann sich individuell nicht weiter entwickeln, egal ob genug Kapital (z.B. durch niedrige Zinsen) und Ideen vorhanden sind.
Dem gegenüber steht die Rechtssicherheit. Akteure im liberalen Wirtschaftsraum müssen in einem rechtssicherem Raum handeln können, um eine Übervorteilung  von Akteuren durch politisch orientierte Einflussnahme auf wirtschaftliche Prozesse (z.B. Planwirtschaft), wirtschaftlich orientierte Einflussnahme auf rechtliche und politische Prozesse (z.B. Lobbyismus) oder gewaltausübende (kriminelle) Handlungen zu verhindern. Als Maßstab für wirtschaftlichen und damit individuellen Erfolg sollte die erfolgreiche Umsetzung von Ideen, die wirtschaftliche Nutzung von Kapital und die nachhaltige Verwendung von Kraft gelten.

Dem gegenüber steht die gemeinschaftliche Entwicklung. Für eine optimale gemeinschaftliche Entwicklung benötigt diese Gemeinschaft verschiedene Säulen auf der die Entwicklung nachhaltig wirksam werden kann und ebenso die Rechtssicherheit.  Die erste Säule stellt, parallel zur Idee in der individuellen Entwicklung, die Gesamtheit der Werte und Normen der Gemeinschaft dar. Werte und Normen müssen dabei innerhalb der Gemeinschaft verschieden sein dürfen, denn die spezifischen Eigenschaften des Individuums in der Gemeinschaft müssen geachtet werden um die Stabilität der Gemeinschaft zu gewährleisten. Andererseits dürfen die gemeinschaftlichen Werte und Normen nicht konkurrieren oder kollidieren. Die Werte und Normen können dabei also immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner der Gesellschaft abbilden, da ansonsten ein Konflikt als grundsätzliches Element des gemeinschaftlichen Zusammenlebens geduldet werden müsste. Nehmen wir die Frage der Flüchtlingshilfe als Beispiel. Die Unversehrbarkeit des Menschen ist als gemeinschaftlicher Wert anerkannt und die Normen, dass ein Mensch nicht verletzt bzw. getötet werden darf, eine der essentiellen Normen unserer Gesellschaft. Dem gegenüber stehen allerdings konkurrierende Normen:

Wir helfen Hilfsbedürftigen nur solange, wie wir uns selbst nicht schaden.

und

Wir helfen Hilfsbedürftigen nur solange, wie wir den Schaden an uns selbst ertragen können.

So ähnlich sich diese Normen sind, so unvereinbar sind sie in ihrer Konkurrenz. An diesem Punkt ist nun eine gemeinschaftliche Entwicklung erforderlich. Wie diese aussehen könnte werde ich später näher erläutern. Zunächst einmal die nächste Säule  der gemeinschaftlichen Entwicklung, die Infrastruktur. Die Infrastruktur stellt analog zum Kapital die gemeinschaftlichen Mittel zur Entwicklung dar. Dies sind natürlich einerseits Elemente der physischen Infrastruktur wie Wasserleitungen, Busse oder Straßenbelag, aber andererseits auch eine eher intellektuelle und psychische Infrastruktur wie eine gemeinsame Sprache, das wissenschaftliche Prinzip oder die Akzeptanz der Schwerkraft. Diese Infrastruktur kann dabei intern entstehen, oder extern aufgenommen werden. Ein Beispiel aus der Vorzeit. Ein Clan aus Urmenschen lebt ohne Feuer, bis sie entweder selbst entdecken es zu entfachen, oder einen Clanfremden aufnehmen, der das Geheimnis kennt. Dies wäre eine gemeinschaftliche Entwicklung auf Basis der psychischen Infrastruktur. Wäre die Gemeinschaft nicht in der Lage den Clanfremden aufzunehmen, so wäre sie in ihrer Entwicklung gehemmt. Andererseits stärkt das Wissen über das Feuer die Infrastruktur und wenn der Clanfremde einen Feuerstein mitbringt, nicht nur auf intellektuelle sondern auch physische Weise.
Als dritte Säule besteht auch hier die Kraft gemeinschaftlich zu handeln. Auch hier ist relevant wieviel Zeit und Leistung ein Individuum der Gemeinschaft gegenüber aufwenden kann.
Auch die gesellschaftliche Entwicklung benötigt, wie angemerkt, Rechtssicherheit. Werte und Normen müssen nicht zwangsläufig in Form von Rechtsvorschriften formuliert werden, jedoch braucht jeder Akteur im gesellschaftlichen Handeln die Sicherheit, dass die eigene Position in der Gesellschaft sicher ist. Ebenso wie der individuelle Akteur vor unrechtlicher Übervorteilung sicher sein muss.

Es könnte jetzt der Versuch folgen, die beiden Ansätze zu kombinieren. Ein Versuch, der ähnlich müßig ist, durch das Löschen eines Feuers eine Suppe zu erhalten. Bleiben wir bei der Suppenanalogie. Einerseits haben wir das Feuer, heiß, dynamisch aber auch gefährlich und verzehrend. Andererseits das Wasser, fließend, in der Regel am Punkt der geringsten Arbeit zu finden aber auch nachhaltig wirksam (vgl. steter Tropfen). Haben wir von dem Einen zuviel, erlischt die Dynamik, haben wir von dem Anderen zuviel verdunstet jegliche Nachhaltigkeit. Zum Glück haben wir die Suppenanalogie, denn sie verrät uns die Lösung: Ein Topf.
Damit die beiden Systeme produktiv interagieren können, benötigen wir ein System, das die Wirkung der beiden Systeme kombiniert. Die Hitze wird gemäßigt, und die (löschend wirkende) Trägheit aufgehalten. Gleichzeitig aber wird die Trägheit im Topf verringert, und Hitze einem nachhaltigen Nutzen (Wasser hat die bessere Wärmekapazität) zugeführt.

Bevor jetzt aber jemand damit anfängt Flüchtlinge und Hartz4-Empfänger in große Töpfe zu werfen, die über einem Scheiterhaufen für Börsenmakler hängen, betrachten wir das Zusammenspiel der oben beschriebenen Systeme. Betrachten wir zuerst wieder den individuellen Teil. Dieser ist ein liberaler Wirtschaftmarkt, auf dem der staatliche Einfluß darauf beschränkt ist kriminelle Übervorteilung von Mitbewerbern zu verhindern und andererseits die Bürger vor Schaden durch individuelles Handeln zu bewahren. Die Wirtschaft darf also frei ihren Ideen nachgehen, Mitbewerber aus dem Markt drängen, Kapital erwirtschaften und Kräfte bzw. Zeit und Leistung für die eigenen Unternehmungen erwerben. Der Staat schützt die Bürger davor zu Schaden zu kommen, in dem er zum Beispiel die Verklappung von Giftmüll verhindert, Kinderarbeit zum Schmieren von Dampfmaschinen verbietet, Wochenarbetisstunden von 80 Stunden verhindert und generell die Rechtssicherheit ALLER Akteure im Wirtschaftssystem gewährleistet, was den Fluß von Geld, Waren und Leistungen miteinbezieht. Soviel zum Feuer. Jetzt das Wasser. Die Gemeinschaft hingegen ist eine egalitäre fast schon kommunistische Form des Zusammenlebens. Ein Zusammenleben, das den Mitbürgern das Erreichen der gleichen Zielqualitäten ermöglicht. Zielqualitäten wie: Satt, Dach über dem Kopf, gekleidet, sicher vor Schaden, frei beweglich, unterhalten und sozialisiert. Um diese Zielqualitäten erreichen zu können müssen den Mitbürgern gewisse Dinge und Leistungen zur Verfügung gestellt werden. Dinge und Leistungen, die entweder dem Wirtschaftsraum entnommen werden müssen ODER aber durch die Erfüllung einer weiteren Zielqualität erreicht werden können: nützlich sein. Greifen wir dazu die drei Säulen auf: Werte und Normen, Infrastruktur und Kraft. Jedem Mitbürger steht eine gewisse Kraft zur Verfügung. Der Gemeinschaft steht eine gewisse Infrastruktur zur Verfügung, und die Werte und Normen bestimmen, wie Kraft und Infrastruktur zum Erreichen der Zielqualitäten verwendet werden können. In der Form gemeinnütziger  ehrenamtlicher Arbeit wird dies schon lange angewendet. Ehrenamtliche kümmern sich zum Beispiel um Hilfsbedürftige, erlauben ihnen somit ihre zielqualitäten zu erreichen. Dazu wenden sie einen Teil der ihnen immanenten Kraft dazu auf eine gemeinschaftliche Entwicklung zu erwirken. Gleichzeitig hemmen sie allerdings ihre individuelle Entwicklung, denn der individuelle Vorteil daraus ist minimal bis nichtexistent. Darüber hinaus kann die angewendete Kraft nicht mehr zur individuellen Entwicklung verwendet werden. Der gemeinschaftlichen Entwicklung steht also immer eine individuelle Hemmung gegenüber. Drehen wir den Spieß einmal um. Ein Unternehmer erwirtschaftet durch das Herstellen selbstklebender Schrauben einen Gewinn auf dem Markt. Aus nur ihm bekannten Gründen tätigt er daraufhin eine Spende an die Gemeinschaft, die sich um die Hilfsbedürftigen kümmert. Erst einmal eine ebenso gemeinschaftliche Entwicklung durch die Stärkung der Infrastruktur, wie die Nutzung der eigenen Kraft zur Hilfe. Allerdings kann die Spende von der Steuer abgesetzt werden, wodurch diese zusätzlichen Mittel der Gemeinschaft (zumindest zum Teil) wieder entgehen. Hier zeigt sich ein Loch im Lederbeutel, durch das Wasser im Feuer verdampft. Statt jetzt aber lang auf dem momentanen Steuerrecht herumzureiten, möchte ich mit einer weiteren These schließen:

Um eine parallele individuelle und gemeinschaftliche Entwicklung zu ermöglich müssen beide gesellschaftlichen Systeme durch ein drittes System dynamisch miteinander verbunden werden.

Wie so ein System aussehen könnte beschreibe ich im nächsten Blog.

Mittwoch, 11. November 2015

Dualismus von gemeinschaftlicher und individueller Entwicklung

Das letzte Mal habe ich mit folgender These geschlossen:

So, wie es in kommunistisch orientierten Gesellschaften keinen konkreten individuellen Fortschritt geben kann, gibt es in kapitalistisch orientierten Gesellschaften keinen gemeinschaftlichen Fortschritt. Während also primär zum gemeinschaftlichen Vorteil agierende Gesellschaften in Bereichen stagnieren, die individuellen Unternehmergeist erfordern (neue Techniken etc.), stagnieren auf den individuellen Vorteil ausgerichtete Gesellschaften, weil es in der Gesellschaft zu keiner Entwicklung (besserer Bildung, stärkereres Gemeinwesen) kommen kann, da jeder gezwungen ist nur zum eigenen Vorteil zu handeln.


Zugegeben, das ist etwas doppelt gemoppelt, daher der Versuch der Verschlankung:

Eine gemeinschaftlich orientierte Gesellschaft schwächt die Entwicklung aus individuellen Motiven. Eine individuell orientierte Gesellschaft schwächt die Entwicklung aus gemeinschaftlichen Motiven.

Eine Erläuterung, warum ich das so sehe. Als Kind der DDR sitze ich noch an der Quelle zu verschiedenen Generationen, die in einer gemeinschaftlich orientierten Gesellschaft gelebt haben. Zwar handelt es sich beim Sozialismus nicht gerade um ein mustergültiges gemeinschaftlich orientiertes Beispiel, aber es zeigt die Stärken und Schwächen des Systems auf. Als Schwäche ist eindeutig zu bewerten, dass  über die Grundversorgung hinaus, die Produktion sehr abhängig von äußeren Faktoren war. Auch individueller Unternehmergeist und individuelle Ansichten wurden unterdrückt oder zum Wohle der Gemeinschaft annektiert. Einen individuellen Wohlstand konnte sich nur erarbeiten, wer Mechanismen des Systems kontrollierte und daher die Schwächen zum eigenen Vorteil ausnutzen konnte (sowohl politisch, als auch z.B. durch Zugang zu gewissen Produkten). Die Stärke des Systems lag in der Sicherheit der individuellen Versorgung insbesondere auf der Basisebene. Zielqualitäten wie satt, beschäftigt, untergebracht, die Kinder sind sicher und versorgt, elementare Bildung konnten ohne Probleme von allen Bürgern erreicht werden. Durch die Schwäche des Systems sich einer politischen Doktrin (Arbeiter- und Bauernstaat) unterordnen zu müssen, war die erweiterte Bildung nicht so effektiv wie sie hätte sein können. Andererseits wäre dem studierten und spezialisiertem Mensch aber auch im politischen Rahmen wenig Raum für individuelle Entwicklung geblieben. Dies führte, wie historisch bekannt, zu einer Elitenbildung und einem repressivem System, in dem Bürgern der Zwang auferlegt wurde zum Wohle der Gemeinschaft (und insbesondere zum Wohle der Eliten) produktiv und friedlich zu sein.

Auf der anderen Seite, im wahrsten Sinne des Wortes, liegt die BRD. Als kapitalistisch orintiertes und subventioniertes Ziehkind, soll sie als Beispiel für die individuelle Orientierung dienen. Hier lag die einzige Grenze zu individueller Entwicklung im eigenen Wohlstand. Wer wohlhabend genug war konnte Bildung erringen, Faulheit erleben oder sich so entwickeln wie es gewünscht war. Ohne Wohlstand hingegen war es nur durch politischen Regelung möglich, die Erfüllung grundlegender Zielqualitäten zu erreichen. Sozialhilfen, Kohlepfennige, aber auch wirtschaftliche Subventionen usw. dienten hier dazu den Bürgern das Erreichen der für sie erstrebenswerten Zielqualitäten zu ermöglichen, um den Inneren Frieden der Gesellschaft zu sichern. Eine Zielstellung, die jedoch keine Entwicklung im gemeinschaftlichen Sinne erzeugen konnte, da für jeden Bürger die nur die Entwicklung zum individuellen Vorteil (insbesondere Geldgewinn) als gesellschaftlich wertdefinierende Entwicklung galt.
Die stärkste individuelle Entwicklung wurde dabei durch das Zusammenwirken gleichartiger individueller Interessen erreicht. Oft als Zeichen der Sozialität und Solidarität gewertet, stellen Gewerkschaftendie Vertretung der individuellen Interessen der Arbeitnehmer dar. Auf der anderen Seite stehen dabei die Arbeitgeberverbände, die ebenso nur individueller Interessen vertreten. Die daraus entstehenden Arbeitskämpfe und politischen Entwicklungen führten zu individuellem Wachstum des Wohlstands. Eine gemeinschaftsorientierte Entwicklung fand dabei jedoch kaum statt. Im Gegenteil entwickelte sich durch die durch Wachstum und technische Entwicklung (siehe den vorigen Blog) zu einer ungleichen Verteilung des Wohlstands und Spannungen, die auf der erforderlichen Umverteilung zur Wahrung des Friedens basieren. Dies führte, wie historisch bekannt, zu einer Elitenbildung und einem repressivem System, in dem Bürgern der Zwang auferlegt wird wirtschaftlich (insbesondere zum Wohle der Eliten) produktiv und friedlich zu sein.

Man verzeihe mir das etwas polemische Ende der beiden Abschnitte, jedoch ist, insbesondere im Hinblick auf Vorratsdatenspeicherung und BND-Skandal, der Unterschied von DDR und BRD nicht so groß wie angenommen. Der Zwang zur Unterordnung unter das geltende System ohne Alternative ist bei beiden Gesellschaften gegeben. Selbst die Aussage:"Dann wander doch aus." ist müßig. Wohin denn? In einer Welt des repressive Kapitalismus einerseits und des repressiven Extremismus auf der anderen Seite ist die Auswahl eher mau.

Daher kann die Entwicklung nur aus dem Inneren heraus erfolgen. Eine Entwicklung, die eine Abkehr von beiden Systemen erfordert.

Betrachten wir die beiden Systeme, die essentiell hinter allen gesellschaftlichen Systemen der letzen Jahrzehntausende stecken, so haben wir zwei Tendenzen:

1. Individueller Vorteil zum gemeinschaftlichen Nachteil
2. Gemeinschaftlicher Vorteil zum individuellen Nachteil

Wie der Titel es schon andeutet, zeichnet sich für mich da ein interessanter Dualismus ab. Ein Dualismus, der allerdings eine Polarität darstellen kann. Bisher war jeder Versuch der Bildung eines gesellschaftlichen System daran orientiert, eines der Systeme einzeln oder als Hybrid verschiedener Elemente des jeweils anderen Systems zu realisieren. Soziale Marktwirtschaft ist dabei ebenso ein Beispiel wie ein Sozialismus und Kommunismus mit einem Währungssystem. Auch kommunistische Kommunen haben nicht funktioniert, wie egalitäre Elternabende, da sie der individuellen Entwicklung keinen Raum bieten konnten, so wie der Kapitalismus grundsätzlich immer am Mangel gemeinschaftlicher Entwicklung krankt. Kapitalistische Krisen lassen sich  fast immer auf das individuelle Streben nach dem eigenen Vorteil oder Wohlstand zurückführen, ohne Rücksicht auf Schäden, die dadurch am Gesamtsystem entstehen. Genauso wie die Korruption kommunistischer Systeme auf das Streben nach individuellem Vorteil ohne Blick auf den gemeinschaftlichen Schaden zurück zu führen ist. Die daraus resultierende Dualität stellt sich meiner Ansicht folgendermaßen dar:

Die gemeinschaftliche Entwicklung einer Gesellschaft erfordert nicht nur gemeinschaftlich handelnde Individuen, sondern auch individuell handelnde Individuen. Genauso wie die individuelle Entwicklung einer Gesellschaft auch immer das gemeinschaftlich handelnde Individuum benötigt.

Allerdings jeweils in seinem entsprechendem Raum. Aber dazu schreibe ich im nächsten Blog weiter.

Dienstag, 10. November 2015

Qualifikation und Bildung vs. Industrialisierung und Co.

Heute habe ich einen Artikel in der ZEIT gelesen, der sich mit der Verdrängung von Arbeitern durch Roboter an Facharbeiterarbeitsplätzen befasst. Während in vielen Diskussionen viel gesagt wird, aber wenig neue Ideen entstehen, möchte ich mich in der nächsten Zeit näher mit Zukunftsideen befassen.

Heute: Die Grenzen der Qualifikation und der Automatisierung

Folgendes Problem ist zu lösen: Durch die Automatisierung / Roboterisierung kann immer mehr produzierende Arbeit mit immer weniger menschlicher Arbeitskraft geleistet werden. Dadurch ergibt sich in der momentanen Gesellschaft eine Umverteilung. Je mehr automatisiert produziert wird, umso mehr Wohlstand häuft sich bei Menschen an, denen die Produktionsmittel gehören bzw. die Anteilseigner daran sind. Ganz mechanisch betrachtet gibt es dazu eine Gegenreaktion, die bewirkt, dass bei denen, die nun nicht mehr an diesem Wertschöpfungsprozess teilhaben, der Wohlstand sinkt. Wohlstand möchte ich dabei als die Fähigkeit definieren gewisse Zustände bzw. Qualitäten zu erreichen. Der ausgeklinkten Fraktion stehen nun vier Möglichkeiten offen:

1. Sie suchen einen Arbeitgeber, der noch nicht automatisiert. Eine Option mit beschränkten Zukunftsaussichten, da der automatisierte AG meist auch wirtschaftlich stärker ist und den neuen AG verdrängt.
2. Sie wechseln von der Produktion in die Dienstleistung. Diese Option ist auch beschränkt, da durch das Absinken des Gesamtwohlstands auch weniger Nachfrage nach Dienstleistungen (also der Dienst zum Erzeugen gewisser Zustände und Qualitäten) besteht. Darüber hinaus drängen noch andere Menschen in den Dienstleistungssektor.
3. Sie resignieren und vertrauen auf soziale Sicherungssysteme. Dies führt zu konkreten Problemen wie Unzufriedenheit, externen Druck doch wieder (an ungewollter Stelle)in den Arbeitsmarkt einzutreten, finanzielle Kosten für den Ausgleich für die Leistungen durch die Arbeitenden und die notwendigen Produkte und Verlust des sozialen Status.
4. Sie erwerben weitere Qualifikationen. Der Erwerb der weiteren Qualifikation, um zum Beispiel nun die Roboter warten, programmieren oder entwickeln zu können, kann kurzfristig helfen. Langfristig stellen sich folgende Probleme ein: Nicht alle Menschen können weiter qualifiziert werden. Auch mit der entsprechenden Qualifikation ergeben sich aus der Automatisierung keine neuen Arbeitsplätze im Verhältsnis 1:1. Die Qualifikation kostet Geld und hat gleichzeitig einen ungewissen Ausgang (Maßnahmen zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen, Umschulungen etc.).

Dem gegenüber steht eine Erfahrung, die bisher in der Digitalisierung, der Automatisierung und der Industrialisierung gemacht wurde: Nach einer Phase der Anpassung führten diese Schritte immer zu einer Verbesserung der Lebensqualität und des allgemeinen Wohlstands. Warum sollte es jetzt nicht genauso sein. Betrachten wir die drei -ierungen einmal genauer. Die Industrialisierung führte zum Wegfall der Notwendigkeit des Einbringes manueller Kräfte in die Produktion. Manufakturen wurden zu einer Nische und die Fabrik bot dem Arbeiter auf Dauer die Möglichkeit mit seinen begrenzten Kräften mehr zu produzieren, weil die Maschine ihm kraftzehrende oder schnelle Wiederholungen ersparte. Eine rein körperliche Qualifikation wurde also um eine geistige Qualifikation ergänzt, die zur Arbeit an den Maschinen erforderlich war. Der Facharbeiter entstand, während der ungelernte Arbeiter immer weniger benötigt wurde. Den Weg der Manufaktur ging im Rahmen der Atuomatisierung dann die ungelernte Kraft. Nur noch in gewissen kleiner werdenden Nischen ist eine unqualifizierte Kraft geschickter als eine automatische Maschine. Diese Nischen werden jedoch immer kleiner. Man bedenke in dieser Hinsicht zum Beispiel das Sortieren oder Ernten. Der ungelernten Kraft blieb nur noch das Geschick der Hände, das sie der Maschine voraus hatte. Die qualifizierte Kraft hingegen konnte sich ganz neue Tätigkeitsfelder erstreiten. Aus vielen unqualifizierten Kräften konnte durch Bildung eine qualifizierte Kraft gemacht werden, oder die Kinder der unqualifizierten Kräfte wurden spätestens durch Bildung qualifiziert. Auch der Bedarf an spezialisierten Kräften wuchs dementsprechend, wodurch auch mehr qualifizierte Kräfte z.B. durch ein Studium (insbesondere in die geistige Richtung) spezialisiert wurden.
Der nächste Schritt war die Digitalisierung. Diese setzt an einem Punkt an, an dem die unqualifizierten Kräfte bereits keinen Vorteil aus der Umbildung gewinnen können. Die Digitalisierung führt stattdessen dazu, dass qualifizierte Kräfte (durch eignugn und Bildung qualifiziert) eine Spezialisierung benötigen um mit digitalen Systemen arbeiten zu können. Allerdings führt die Digitalisierung auch zu einer weitern Stärkung der Automatisierung, wodurch der Bedarf an unspezialisierten qualifizierten Kräften sinkt, und die qualifizierte Arbeit (z.B. als Schlosser) durch eine spezialisierte qualifizierte Arbeit ersetzt wird (z.B. als Mechatroniker). Auch hier ersetzt die Verbesserung den Arbeiter statt ihn zu unterstützen. Nur bei ausreichender Spezialisierung auf die Herstellung, Bedienung und Wartung automatisierter Systeme kann in der Produktion eine Funktion erfüllt werden, die über einen "Ersatz" für eine für dei Funktion zu teure Maschine hinaus geht. Streumehlrinnen in Großbäckereien werden auch nur händisch gewechselt, weil die maschinelle Ausführung deutlich teurer wäre als zwei Menschen zu beschäftigen. Zum Glück setzt hier die Robotik an. Durch Fortschritte in der Robotisierung ist es immer kostengünstiger möglich händische Prozesse zu substituieren. An diesem Punkt ist dann nur noch die Steuerung und Wartung automatisierter digitaler robotischer Prozesse erforderlich. Aus dem Mechatroniker wird ein Industrierobotiker. Der intellektuelle Anspruch an diese Arbeit steht dabei direkt entgegengesetzt zur erforderlichen Zahl an Personen, die diese Tätigkeit ausführen muss und ausführen kann. Spätestens an diesem Punkt sind gewisse Teile der Bevölkerung für die Produktion fast völlig nutzlos. Diese verfügen zwar theoretisch über ausreichende körperliche und geistige Qualifikationen, allerdings ist ihre Leistung im wirtschaftlichen Sinne nicht mit der Leistung der Maschine zu vergleichen. An diesem Punkt auf einen Wechsel in den Dienstleistungssektor zu verweisen ist müßig. Während der Fokus auf der Industrie lag, hat sich in der Dienstleistung eine parallele Entwicklung vollzogen. Unqualifizierte Leistungen werden nur noch gebraucht, wenn die Substitution teurer ist. Mit steigendem Fortschritt wird die Substitution jedoch schnell billiger. Auch qualifizierte Fachkräfte werden hauptsächlich in dem Sektor benötigt, in dem eine soziale Komponente erforderlich ist. Jedoch zeigt sich, dass auch hier eine Substitution erfolgt. Angefangen beim Google-Algorythmus, über Siri und TTS- und Spracherkennungssysteme ersetzt spätestens die Digitalisierung den sozialen Faktor. Im Sinne der Gewinnerzielung ist auch hier der Algorythmus bzw. das Programm günstiger und besser als das "Fräulein von der Auskunft". Parallel zur Robotik werden autonome Algorythmen auch in der Dienstleistungsbranche bessere Leistungen erbringen als sie qualifizierte Kräfte erbringen können, und das zu einem günstigerem Preis. Eine Entwicklung, die grundsätzlich nicht zu verteufeln ist, denn jedes bessere Programm oder jeder Roboter stellt in sich nur ein weiter spezilisiertes Werkzeug dar, dass eine immer besser Programmierung und Wartung erfordert. Während ein Friseur also vielleicht bald nur noch eine (alte) Friseurmeisterin ist, der einen Robotiker und hundert Roboter á zehn Roboter pro Filiale beschäftigt, werden somit auch in der Dienstleistungsbranche immer weniger qualifizierte Kräfte benötigt werden. Sicherlich wird der soziale Faktor weiterhin ein Alleinstellungsmerkmal sein, jedoch ist davon auszugehen, dass es, ganz wie bei einer in einer Manufaktur hergestellten Uhr, eine Zielqualität sein wird, die nur wohlhabende Menschen erreichen können. Was im Moment Dienstleistung und Handwerk schützt ist kein Naturgesetz, sondern die Komplexität der Aufgaben. Allerdings hat sich bereits in der Produktion gezeigt, dass durch das Zusammenwirken vernetzter spezialisierter Automatismen diese Komplexität erreicht werden kann.

Somit stellt sich die essentielle Frage: Ab welchem Punkt ist es einem Teil der Bevölkerung nicht mehr möglich sich ausreichend zu qualifizieren um im wirtschaftlichen Wettbewerb zu bestehen? Meiner Ansicht nach ist dieser Punkt bereits erreicht. Die Mittel der modernen Pädagogik sind trotz jahrhunderterlanger Erfahrung und Forschung nicht in der Lage die Gesamtbevölkerung für eine wirtschaftliche Optimierung zu konditionieren. Heutzutage steht jedem Menschen in einer demokratischen freiheitlichen Gesellschaft genug Information zur Verfügung sich das Wissen für jede Tätigkeit anzueignen. Neben dem Selbststudium gibt es eine Schulpflicht, sowie Förderprogramme für Aus- und Weiterbildung. Die Studiengänge quellen über, Eltern werden militant, nur um ihre Kinder bis zum Abitur und dem Bachelor und Master zu bringen. Doch trotzdem zeigt sich, dass es keinen 100%igen Wirkungsgrad im Bildungssystem geben kann. Im Gegenteil, der Bildungsdruck durch die heranziehende wirtschaftliche Autonomisierung führt zu konkreten Schäden an der Psyche. Wie Kinder, die in Fabriken während der Industrialisierung schuften mussten und daher physische Krankheiten entwickelten, so schuften Kinder nun zwischen Schule, Tutor, Verein und Musikschule um genug Qualifizierung zu entwickeln, damit sie in ihrer Zukunft nicht das Schicksal von Webern, Kohlekumpels oder Besenbindern ereilt. Mit dem eklatantem Nachteil, dass der dauerhafte Druck genauso wirkt wie das Schmieren komplexer Dampfmaschinen durch Kinderhände. Ab und an wird ein Kind zerquetscht, und die Eltern verhungern, weil niemand mehr ihre Besen kauft. Nur wirkt sich der Druck nicht nur auf die Kinder aus, sondern eben auf alle Menschen, für die es nur einen Ausweg gibt. Nach oben. Wer nicht qualifiziert udn spezialisiert ist, kann nur noch wirtschaftlich wertlos sein.

An dieser Stelle zeigt sich, dass die Automatisierung und Autonomisierung an ihre Grenzen stößt. Nicht, weil technisch nicht mehr möglich ist, sondern weil der gesellschaftliche Nutzen ab einem bestimmten Punkt nicht mehr der Mehrheit der Gesellschaft zugute kommt, bzw. es zu extremen Spannungen kommen wird, weil einerseits Wenige, die durch die Autonomisierung einen Vorteil erlangen, sehr viele Menschen, die benachteiligt werden, unterstützen müssen. Daher möchte ich an das Ende dieser Betrachtung folgende Erkenntnis stellen:

So, wie es in kommunistisch orientierten Gesellschaften keinen konkreten individuellen Fortschritt geben kann, gibt es in kapitalistisch orientierten Gesellschaften keinen gemeinschaftlichen Fortschritt. Während also primär zum gemeinschaftlichen Vorteil agierende Gesellschaften in Bereichen stagnieren, die individuellen Unternehmergeist erfordern (neue Techniken etc.), stagnieren auf den individuellen Vorteil ausgerichtete Gesellschaften, weil es in der Gesellschaft zu keiner Entwicklung (besserer Bildung, stärkereres Gemeinwesen) kommen kann, da jeder gezwungen ist nur zum eigenen Vorteil zu handeln.


Im nächsten Blog will ich dann näher auf diese These eingehen. Bis dann!